Es gibt verschiedene Wildbienenarten. Soweit so gut. Dass es aber allein in Österreich über 700 und davon in der Steiermark an die 420 sind, das ist dann doch überraschend. Am 22. Juli 2022 erklärten Karim Strohriegl und Oliver Zweidick vom Naturschutzbund Steiermark was es mit den Wildbienen so auf sich hat. Gemeinsam mit den Experten wurden am Hauenstein in Graz auch einzelne Exemplare eingefangen und bestimmt. Daniela Zeschko, Milijana Kozarevic und Bernadette Rauch von der Natur.Werk.Stadt waren bei sengender Hitze mit dabei und können das neu erworbene Wissen in den nächsten Wochen gleich an die Mitarbeiter*innen in der Natur.Werk.Stadt weitergeben.
Langweilig wird das nicht werden, weil: Wer hätte gedacht, dass es Wildbienen gibt, die Masken tragen und dabei nur 3,5 – 10 Millimeter groß sind. Die winzigen Maskenbienen (Hylaeus) – Nomen est omen – haben einen weißen maskenähnlichen Fleck am Kopf. Ein besonders aufregendes Detail: Manche riechen ganz stark nach Zitrone, wenn man an ihnen schnuppert. „Das machen ihre Pheromone“, haben wir uns von Karim erklären lassen. Warum das so ist, weiß selbst der Experte nicht. Mit unseren Netz-Keschern machen wir uns dann weiter ans Werk und fangen ein, was es einzufangen gibt. Eine Hummel landet im Kescher und dann im Bestimmungsröhrchen. Ist es ein Männchen? Ja, dann gilt: „Streicheln stichfrei möglich.“, Bei weiblichen Hummeln ist eher: „Finger weg angesagt“. Warum? Sie stechen – und das, wenn nötig, auch mehrmals. Allen, die bislang dachten, dass Hummeln nicht stechen, sondern beißen, sei gesagt: „Das stimmt leider nicht.“ Hummeln sind eben zoologisch auch Echte Bienen (Apidae), aber Wildbienen. Was aber unterscheidet nun Honigbienen von Wildbienen? Nun, ganz einfach ist das nicht zu erklären, eine Annäherung darf aber gewagt werden. Die Welt der (Wild)Bienen ist komplex! Also, die einen – die Honigbienen – stechen einmal und versterben in der Regel daran, im Gegensatz zu ihrem Opfer, das meist glimpflich davonkommt. Wildbienen stechen einmal, zweimal, dreimal, mehrmals und es macht ihnen nichts aus. Und die Honigbienen produzieren was? Richtig: für uns Menschen nutzbaren Honig. Das tun Wildbienen nicht.
Was noch? Einige Wildbienenarten, wie z. B. die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), leben solitär, Honigbienen hingegen sind sozial in ihrem Verhalten. Und die Hummeln? Naja, sie sind die sozialsten unter den Wildbienen, könnte man sagen. Das bedeutet, dass sie auch einen Staat bilden, mit Königin und allem Drumherum, allerdings mit weniger Individuen als die Honigbienen und eben ohne für uns Menschen nutzbaren Honig.
Solitärbienen legen ihre Eier gemeinsam mit Honigbrot (Mischung aus Pollen und Nektar) in ein Nest und dann: „Tschüss!“. Sie überlassen ihren Nachwuchs sich selbst. „Sollen die Kleinen sich mal anstrengen und selbst ins Leben starten …“ wilde Einzelkämpferinnen halt. Die Honigbienen hingegen: ganz anders. Die kümmern sich aufopfernd um ihren Nachwuchs und sind wohl die Glucken unter den Insekten. Ihr soziales Gefüge ist riesig, 40.000 – 60.000 Individuen je Staat sind normal. Ihr Motto: „Gemeinsam sind wir stark!“. Sympathiepunkte kann man an die einen, oder die anderen vergeben, klar ist jedenfalls, dass jene Honigbienen, die in rauen Mengen Honig (auch für uns Menschen) produzieren, Futterkonkurrenten der Wildbienen sind. Warum? Weil die Honigbienen dort, wo wir ihre Nester positionieren, lokal massenhaft dominieren, und sie sind eben viele, sehr viele. Gesammelt wird von ihnen alles, was ihnen unter die Beinchen kommt. Zahlreiche Wildbienenarten, auch manche Hummelarten, hingegen sind Spezialisten und somit abhängig von einzelnen Futterpflanzen. Sind diese von tausenden Arbeitsbienen der Imker abgeerntet, schaut die individuelle Wildbienenzukunft düster aus.
Mit einem Verlust der Artenvielfalt in der Flora geht also auch ein Verlust der Artenvielfalt bei den Wildbienen einher und umgekehrt. Warum? Manche Wildbienenarten bestäuben eben ganz gezielt einzelne Pflanzenarten, um die sich sonst niemand so intensiv kümmert.
Man könnte jetzt sagen: „Halb so schlimm, es gibt ja noch die Honigbienen, die werden das dann schon richten, wenn die Wildbienen nicht mehr da sind und so ganz nebenbei schenken sie uns auch noch Honig.“ Leider: Weit gefehlt! Je geringer die Artenvielfalt, desto weniger Ökosystemleistungen gibt es gratis und umso größer ist das Risiko, dass einzelne Brut-Parasiten, Pilzkrankheiten oder Viren ganze Bienenvölker ausrotten. Je diverser die (Wild)Bienenwelt, desto robuster ist der ganze Bestand. Und weil ohne Bestäuber nichts läuft bei der Obst-, Gemüse- und Heuernte, gilt es diese wunderbaren Nützlinge zu schützen.
Mehr Infos zum Bestäuber-Projekt des Naturschutzbund Steiermark gibt es hier. Infos zu Wildbienen finden sich z. B. hier.
Alle Mitarbeiter*innen in der Natur.Werk.Stadt bekommen die Infos wohl dosiert in den nächsten Arbeitswochen.