Österreich ist das reichste Land Mitteleuropas – zumindest was den Wildbienenbestand betrifft. Über 700 Arten gibt es bundesweit, in der Steiermark sind es etwa 430. Erst vor kurzem wurde vom Steirischen Naturschutzbund eine neue Art entdeckt – „Thyreus picaron“ die Verborgene Fleckenbiene vulgo Sturm-Graz-Biene (wegen ihrer schwarzweißen Zeichnung). Verborgen deshalb, weil sie bisher immer mit einer anderen Art verwechselt wurde. Wildbienen gibt es in jedem Garten und natürlich auch im Naturerlebnispark Spielbergweg (vormals Vincke-Steinbruch) im Westen von Graz, dessen Öffnung für Besucher*innen die Natur.Werk.Stadt derzeit für die Stadt Graz begleitet. Beim kostenfreien Workshop der Natur.Werk.Stadt (hosted by | naturschutzbund | Steiermark und StAF) mit dem Bienenexperten Karim Strohriegl am 8. Juli 2023 konnten Interessierte selbst das Schmetterlingsnetz in die Hand nehmen und auf Wildbienenjagd gehen. Davor gab es eine Einführung in die Materie vom Bienenexperten Karim:
Der große Unterschied zur Honigbiene ist der, dass Wildbienen keinen Honig produzieren, und auch nicht in großen, sozial organisierten Bienenvölkern leben. Die Honigbiene verliert ja bekanntlich ihren Stachel, wenn sie sticht, wodurch mehr Gift in den Feind eindringen kann. Sie opfert sich sozusagen für ihren Staat. Die meisten Wildbienen leben solitär, das heißt alleine und haben daher auch keine Widerhaken am Stachel, weil es keinen Sinn machen würde, bei der Verteidigung zu sterben. Der Unterschied zu Wespen wiederum besteht darin, dass Wildbienen rein vegetarisch leben: von Blütenpollen und Nektar, während Wespen Jäger sind und auch tote Insekten fressen. Hummeln gehören zu den Wildbienen und haben einen Stachel. Sie leben in Staaten, die aber nicht so groß sind wie die der Honigbienen und Hummeln machen auch keinen Honig. Viele Wildbienen sind Spezialisten und ernähren sich von nur einer Pflanzenart, wie zum Beispiel die gewöhnliche Natternkopfbiene, die nur den Nektar von Natternköpfen trinkt. Diese Spezialisierung macht Wildbienen wichtig für die Biodiversität, denn Honigbienen fliegen alle Pflanzen an und übersehen dadurch oft die unscheinbareren, die sich dann mangels Bestäubung nicht vermehren. Leider hat in den letzten Jahrzehnten der Bestand von Insekten insgesamt stark abgenommen – einerseits durch den Einsatz von Pestiziden, die nicht nur Schädlinge ausrotten und andererseits durch das häufige Mähen und Düngen von Wiesen. Dadurch kommen Blumen nicht in die Blüte oder wachsen gar nicht mehr. Spezialisierte Wildbienen finden dann keine Nahrung. Ein Teufelskreis, der sich weiter in der Nahrungskette auswirkt, denn dadurch steht weniger Futter für Vögel zur Verfügung. Auch für die Bestäubung im Obst- und Gemüseanbau sind Wildbienen wichtig. Tomaten zum Beispiel werden von Honigbienen links liegen gelassen. Wer in seinem Garten die Artenvielfalt unterstützen möchte, kann neben dem klassischen Insektenhotel auch ungedüngte Blühwiesen anlegen und diese erst möglichst spät mähen, wenn die Blüten ausgesamt haben. Die Natur.Werk.Stadt veranstaltet heuer auch mehrere Workshops, in denen Kinder zu Insektenschützer*innen ausgebildet werden.
Wie aber fängt man nun eine Wildbiene? Man lauert mit dem Kescher bei blühenden Blumen, schwingt das Netz von der Seite über die Biene und schlägt es einmal um, sodass das Insekt gefangen ist. Dann kommt Karim mit einer selbstgebauten Becherlupe mit zwei Schläuchen dran und saugt die Biene in den Becher ein. In der Becherlupe kann sie betrachtet und bestimmt werden. Es gibt kleine Arten mit nur 3 mm Länge und auch riesige hummelgroße Holzbienen. Teil von Karims Auftrag im Auftrag der Stadt Graz ist es, den Wildbienenbestand im Naturerlebnispark Spielbergweg zu erheben. Weil Wildbienen oft nur dann fliegen, wenn ihre Blumen blühen und sie sonst als Ei oder Larve das Jahr überdauern, muss der Experte mehrmals im Frühling und Sommer schauen gehen, welche Wildbienen gerade unterwegs sind. Bei unserem Workshop identifizierte er drei neue, noch nicht kartografierte Arten im Steinbruch: die Große Harzbiene, die Polierte Schmalbiene und die Schwarze Keulhornbiene.
Daniela Zeschko, Sarah Chinello und Bernadette Rauch von der Natur.Werk.Stadt waren bei schönstem Sonnenschein beim Bienenworkshop dabei und können ihr aufgefrischtes Wissen in den nächsten Wochen gleich an die Mitarbeiter*innen in der Natur.Werk.Stadt weitergeben. Insgesamt 18 Teilnehmer haben im Rahmen unseres Workshops 20 verschiedene Wildbienenarten im Naturerlebnispark Spielbergwerg entdeckt und bestimmt. Danke für das rege Interesse!